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Whistleblowing-Gesetz beschlossen

Das Bundeskabinett hat am 27.07.2022 das „Hinweisgeberschutzgesetz“ beschlossen. Damit wird die sog. „EU-Whistleblower-Richtlinie“ vom 23.10.2019 mit Verspätung umgesetzt. Ursprünglich war eine Umsetzung bis zum 17.12.2021 in den EU-Mitgliedsstaaten verpflichtend vorgesehen. Die Bundesrepublik Deutschland konnte jedoch die Umsetzungsfrist nicht einhalten und sah sich deswegen bereits einem EU-Vertragsverletzungsverfahren ausgesetzt.

Das neue Gesetz schützt alle Personen, die im Zusammenhang mit ihrer beruflichen Tätigkeit Informationen über „Verstöße“ erlangt haben. Dies können neben anhängig Beschäftigten auch die Beamtenschaft oder Selbstständige, Anteilseigner oder Mitarbeiter von Zulieferern sein.

Mit „Verstößen“ sind alle Handlungen oder Unterlassungen gemeint, die der Gesetzgeber unter Strafe oder Buße stellt. Die verletzte Rechtsvorschrift muss lediglich auch dem Schutz der Rechte von Beschäftigten oder ihrer Vertretungsorgane dienen. Auch Kartellrechtsverstöße fallen in den Schutzbereich des neuen Gesetzes.

Das eigentliche Instrument für den Hinweisgeberschutz sind die internen und externen Meldestellen, die eingegangene Meldungen prüfen und ggf. erforderliche Folgemaßnahmen ergreifen.

Die Pflicht zur Einrichtung interner Meldestellen betrifft die Privatwirtschaft und den gesamten öffentlichen Sektor ab einem Schwellenwert von mindestens 50 beschäftigten Personen. Für Unternehmen mit bis zu 249 Beschäftigten gilt insoweit jedoch noch eine Schonfrist bis zum 17.12.2023.

Der Betrieb gemeinsamer Meldestellen mehrerer Unternehmen ist möglich. Auch Dritte, bspw. externe Datenschutzbeauftragte und Beratungsunternehmen für Datenschutz und Datensicherheit, können als interne Meldestelle beauftragt werden.

Eine externe zentrale Meldestelle wird beim Bundesamt für Justiz eingerichtet. Weitere spezielle Meldestellen mit Sonderzuständigkeiten betreffen bspw. die Finanzdienstleistungsaufsicht und das Bundeskartellamt.

Vertraulichkeit ist einer der Grundgedanken der neuen Gesetzesregelungen. Der Hinweisgeber darf sich nur bei Gefahr im Verzug oder in Fällen des Versagens der Meldestelle mit seinem Anliegen direkt an die Öffentlichkeit wenden. Die Identität der Hinweisgebenden und sämtlicher von der betreffenden Meldung betroffenen Personen unterliegt strengem Schutz. Sie darf nur den jeweils für die Bearbeitung einer Meldung zuständigen Personen bekannt sein. (Ausnahmen bestehen für Strafverfahren auf entsprechenden Antrag der zuständigen Staatsanwaltschaften.)

Es steht den zur Einrichtung von Meldestellen Verpflichteten frei, ob sie die Abgabe und Bearbeitung anonymer Meldungen unter Gewährleistung fortwährender Anonymität ermöglichen wollen oder hierauf verzichten. Dennoch besteht eine Verpflichtung, anonym eingehende Meldungen zu bearbeiten. Auch anonyme hinweisgebende Personen fallen für den Fall späterer Aufdeckung ihrer Identität unter den Schutz des Gesetzes.

Weiteres zentrales Element des neuen Regelwerkes ist das Verbot von Repressalien, d.h. ungerechtfertigter Nachteile wie bspw. Kündigung, Abmahnung, Versagung einer Beförderung, Wechsel von Funktion und Aufgaben an der Arbeitsstelle, Disziplinarmaßnahmen, Diskriminierung, Rufschädigung oder Mobbing in Folge einer Meldung.

Zugunsten der hinweisgebenden Person besteht eine Beweislastumkehr.

Bei einem Verstoß gegen das Repressalienverbot ist der hinweisgebenden Person der ihr infolge einer Meldung oder Offenlegung entstehende Schaden zu ersetzen. Umgekehrt ist bei einer vorsätzlichen oder grob fahrlässigen Falschmeldung die hinweisgebende Person zum Schadensersatz verpflichtet.

Verstöße gegen das Hinweisgeberschutzgesetz werden als Ordnungswidrigkeiten mit Geldbuße sanktioniert. Insbesondere ist hier zu denken an die Behinderung von Meldungen oder das Ergreifen von Repressalien einerseits, aber auch die Offenlegung wissentlich falscher Informationen durch den Hinweisgeber andererseits.

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