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Best practice-Richtlinien für das Ombuds-Management einer Meldestelle nach Hinweisgeberschutzgesetz – Teil 4

Chance einer synergetischen Doppelfunktion der Ombudsperson: Meldestelle im Sinne des Hinweisgeberschutzgesetzes sowie Beschwerdestelle im Sinne des Lieferketten-Sorgfaltspflichtengesetzes (LkSG)

Das Instrumentarium, das § 8 LkSG den Unternehmen auferlegt, ist dem des Hinweisgeberschutzgesetzes ähnlich: Es ist ein angemessenes, unternehmensinternes Beschwerdeverfahren einzurichten, das es ermöglicht, auf menschenrechtliche und umweltbezogene Risiken sowie auf die Verletzung menschenrechtlicher und umweltbezogener Pflichten hinzuweisen, die durch das wirtschaftliche Handeln des Unternehmens im eigenen Geschäftsbereich oder im Bereich des unmittelbaren Zulieferers des Unternehmens entstanden sind.

Die insoweit verpflichteten Unternehmen stehen in Bezug auf die hinweisgebende Person darüber hinaus in der Verpflichtung, Kontakt zur hinweisgebenden Person aufzunehmen und den betreffenden Sachverhalt zu erörtern. Es bedarf daher auch hier eines internen Hinweisgebersystems, um dem Unternehmen sowohl als präventives Frühwarnsystem zu dienen als auch bereits als bestehend bzw. eingetreten identifizierte Verletzungen einzudämmen oder zu beseitigen.

Durch die Parallelität der Anforderungen und der Ausgestaltung des Beschwerdeverfahrens besteht die Möglichkeit, die Ombudsperson zugleich als Beschwerdestelle mit den Aufgaben einer Beschwerdestelle im Sinne des LkSG zu betrauen.

Die Veröffentlichung zur Eröffnung des „Beschwerdekanals“ und der Verfahrensordnung hat hier allerdings im Unterschied zum Hinweisgeberschutzgesetz nicht lediglich gegenüber den Beschäftigten, sondern an die Öffentlichkeit zu erfolgen.

Durch die Eröffnung dieser Doppelfunktion ergeben sich für die betreffenden Unternehmen Synergie-Effekte einerseits und für die potentiellen hinweisgebenden Personen andererseits eine begrüßenswerte Niedrigschwelligkeit durch Vereinfachung des Meldeweges.

Zeugnisverweigerungsrecht der anwaltlichen Ombudsperson: Übt ein Anwalt die Tätigkeit der Ombudsperson aus, handelt es sich – wie gesehen – um anwaltliche Tätigkeit: Der Inhalt der Meldungen und die Identität der hinweisgebenden Personen werden folgerichtig dem Anwalt als Organ der Rechtspflege anvertraut, mit der weiteren Folge, dass hinsichtlich dieser Informationen ein Zeugnisverweigerungsrecht der anwaltlichen Ombudsperson aus § 53 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 StPO besteht. Eine Entbindung von der hieraus resultierenden Verschwiegenheitspflicht wäre sonach Voraussetzung für jedwede Mitteilung an Dritte. Diese Entbindung erfolgt – je nach Sachverhalt und Ausgestaltung der Verpflichtung zur Vertraulichkeit – entweder durch die hinweisgebende Person oder durch die beschäftigende Organisation.

Aufklärungspflicht bei Erstmeldung: Bei der ersten Kontaktaufnahme hat die anwaltliche Ombudsperson auf ihre Funktion bzw. Stellung, insbesondere das anwaltliche Mandatsverhältnis, dessen konkrete Ausgestaltung und die daraus für die Vertraulichkeit sich ergebenden Folgen hinzuweisen sowie in transparenter Form die Voraussetzungen und die Reichweite des Schutzes der hinweisgebenden Person, die Arbeitsweise der Ombudsperson und das einschlägige Verfahren und dessen Dauer zu erläutern. Es empfiehlt sich, entsprechende Templates mit standardisierten Informationen zur Verfügung zu stellen.

Die Plausibilitätsprüfung der Ombudsperson: Aus der anwaltlichen Praxis in behördlichen oder gerichtlichen Verfahren bekannt, ist von der Ombudsperson hinsichtlich der gegebenen Hinweise eine Schlüssigkeitsprüfung auf das Bestehen einer Rechtsverletzung vorzunehmen. Dies beinhaltet die summarische Prüfung der Glaubhaftigkeit des Hinweises selbst, die Glaubwürdigkeit der hinweisgebenden Person sowie die Bewertung der gegebenen und möglichen weiteren Beweismittel. An deren Ende steht eine summarische und vorläufige Einschätzung zu Sachverhalt, rechtlicher Würdigung und Rechtsfolgen.

Die Ombudsperson kann (und gegebenenfalls muss) im Rahmen dieser Prüfung erforderlichenfalls die Ergänzung, Konkretisierung oder Erklärung bestimmter Informationen verlangen. Dies wird in der Regel mit Rücksprachen einhergehen.

Durch die Plausibilitätsprüfung vermeidet die Organisation die Einleitung kostspieliger und zeitaufwendiger Untersuchungen auf der Grundlage oftmals ungenauer, irreführender oder unzutreffender Informationen, durch die möglicherweise sogar in unzulässiger Weise in die Rechte Dritter eingegriffen wird.

Die Plausibilitätsprüfung wahrt und stärkt die Integrität der Organisation und verhilft ihr zu einem effizienten Einsatz ihrer Ressourcen einerseits, stärkt aber andererseits auch das Vertrauen sämtlicher Beteiligten in die Einhaltung und Gewährleistung der Schutzziele des Hinweisgeberschutzgesetzes.

Schutz von Geschäftsgeheimnissen und Schutzrechten im Meldemanagement: Im Ausgangspunkt ist unerheblich, ob die von der Ombudsperson entgegengenommenen Meldungen Geschäftsgeheimnisse darstellen, aus welcher Quelle diese stammen oder ob möglicherweise durch die Weitergabe Schutzrechte Dritter verletzt werden. (Ausnahmen bestehen beispielsweise für Informationen der nationalen Sicherheit und verschiedene amtliche und berufliche Geheimnis- und Verschwiegenheitspflichten.)

Diese Mitteilungen an die Ombudsperson sind erlaubt, sofern die hinweisgebende Person hinreichenden Grund zu der Annahme haben durfte, dass sie für die Aufdeckung von Verstößen notwendig sein können. Die Ombudsperson ihrerseits darf die betreffende Information nur in dem Maße verwenden und gegebenenfalls weitergeben, das erforderlich ist für die Ergreifung von Folgemaßnahmen durch die Mitarbeitenden der Meldestelle. Im Übrigen unterliegen die Mitarbeitenden der Meldestelle selbst und im gleichen Umfang den Verschwiegenheits- und Geheimhaltungspflichten aus der betreffenden Information, die den Gegenstand der Meldung bildet.

Anspruch auf transparente Entscheidung: Die Ombudsperson muss binnen gesetzlicher Frist der hinweisgebenden Person eine „Mitteilung geplanter sowie bereits ergriffener Folgemaßnahmen sowie die Gründe für diese“ machen. Hier ist im Interesse des Schutzes eines laufenden Verfahrens und der Informationsquellen einerseits zwar Zurückhaltung geboten, da laufende Ermittlungen und die Rechte Dritter Personen nicht beeinträchtigt werden dürfen, auf der anderen Seite aber auch dem Recht auf aussagekräftige Rückmeldung entsprochen werden muss. Der Gesetzgeber löst dieses Spannungsverhältnis durch ein Regel-Ausnahme-Verhältnis zugunsten des Schutzes der Ermittlungen und der Rechte der von der Meldung betroffenen Dritten Personen.

Berufsrechtliche Aufbewahrungspflichten der anwaltlichen Ombudsperson: Ein weiterer Pluspunkt für die Gewährleistung der Ziele des Hinweisgeberschutzgesetzes besteht darin, dass für die anwaltliche Ombudsperson deren speziellere berufsrechtliche Regelungen aus der Bundesrechtsanwaltsordnung (BRAO) vorrangig gelten. Aus § 50 Abs. 1 Satz 2 BRAO ergibt sich hierbei, dass Meldungen nach Hinweisgeberschutzgesetz demnach in Handakten zu führen und für 6 Jahre, beginnend mit dem Ablauf des Kalenderjahres nach Abschluss des Vorganges, aufzubewahren sind.

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