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Arbeitgeber aufgepasst – besondere Schutzpflichten für Whistleblower!

Das deutsche Hinweisgeberschutzgesetz tritt in Kraft!

Teil 1

Am 11.05.2023 hat sich der Vermittlungsausschuss aus Bundestag und Bundesrat schlussendlich auf die endgültige Fassung des EU-getriebenen Hinweisgeberschutzgesetzes geeinigt. Die wichtigsten Ziele des neuen Gesetzes sind der Schutz der Rechte für alle hinweisgebenden Personen, deren Vertrauensschutz durch diskrete Behandlung der Identität und der abgegebenen Meldung, das Verbot von ungerechtfertigter Benachteiligung (im Sinne eines erweiterten Maßregelungsverbots) des Hinweisgebers, die Einrichtung von Meldestellen, und die Vermeidung von Haftungsansprüchen und Imageschäden von Unternehmen und Behörden.

  • Berechtigte: Wer fällt unter den Schutz des Hinweisgeberschutzgesetzes?

Der Anwendungsbereich ist weit und umfasst alle beschäftigten Personen, die potenziell Kenntnis von einem Verstoß in ihrem beruflichen Umfeld erlangt haben können.

Geschützt werden nicht nur Beschäftigte (einschließlich der Beamtenschaft), sondern auch Praktikanten, Auszubildende, Freiwillige, Anteilseigner, externe Auftragnehmer und Lieferanten sowie auch Personen, deren Arbeitsverhältnis bereits beendet ist oder noch nicht begonnen hat. Betroffen sind auch die Mitglieder von Arbeitnehmervertretungen (Betriebsrat, Personalrat) sowie die Aufsichtsratsmitglieder einer Aktiengesellschaft.

Wichtig zu wissen ist, dass auch diejenigen Personen in ihrer Vertraulichkeit der Identität geschützt werden, die der Gegenstand der Meldung oder Offenlegung sind, bspw. indem ihnen ein Fehlverhalten vorgeworfen wird. Gleiches gilt für die Rechte und Geheimhaltungsinteressen der von der Meldung oder Offenlegung betroffenen juristischen Personen, Personenvereinigungen und sonstigen Organisationsformen.

Schutzvoraussetzung ist, dass die hinweisgebende Person davon ausgehen durfte, dass die gemeldeten Informationen der Wahrheit entsprachen. Auf die dahinterstehende Motivation, bspw. eigensüchtige Motive, kommt es nicht an.

  • Verpflichtete: Wer muss den Schutz gewährleisten?

Das Gesetz wendet sich an „Beschäftigungsgeber“. Dies sind, sofern mindestens eine Person bei ihnen beschäftigt ist, (1) natürliche Personen sowie juristische Personen des öffentlichen und des privaten Rechts, (2) rechtsfähige Personengesellschaften und (3) sonstige rechtsfähige Personenvereinigungen.

Juristische Personen des privaten Rechts sind bspw. der eingetragene Verein, die eingetragene Genossenschaft, die AG, die KGAA, die GmbH und Stiftungen des Privatrechts. Zu den juristischen Personen des öffentlichen Rechts zählen Gebietskörperschaften wie etwa Kommunen, Personalkörperschaften sowie Verbandskörperschaften auf Bundes- und Landesebene. Des Weiteren umfasst werden bspw. Anstalten, wie etwa die Landesrundfunkanstalten, sowie öffentlich-rechtliche Stiftungen, die evangelische und katholische Kirche mit ihren Kirchengemeinden und als Körperschaften des öffentlichen Rechts oder nach entsprechenden Bestimmungen des Landesrechts anerkannte oder als Vereine des BGB konstituierte Kirchen und sonstige Religionsgemeinschaften.

Daraus folgt, dass bspw. auch Gewerkschaften, die rechtlich weitgehend wie rechtsfähige Vereine behandelt werden, zum Schutze verpflichtet sind und also über entsprechende Meldesysteme verfügen müssen.

Jeder Beschäftigungsgeber mit mehr als 50 Mitarbeitern muss eine interne Meldestelle und Meldekanäle einrichten, über die Beschäftigte und Personen, die im Zusammenhang mit ihrer beruflichen Tätigkeit oder im Vorfeld einer beruflichen Tätigkeit die Möglichkeit der Kenntnisnahme über Verstöße haben können, Informationen über Verstöße melden können.

Unternehmen ab 250 Mitarbeitern müssen eine eigene interne Meldestelle einrichten. Es ist aber erlaubt, einen Dritten mit der Aufgabe einer internen Meldestelle zu beauftragen (z.B. eine externe Kanzlei).

Unternehmen mit bis zu 249 Mitarbeitern können gemeinsame Meldestellen mit anderen Unternehmen einrichten.

Die Beschäftigungsgeber müssen ihren Beschäftigten gegenüber die Einrichtung der internen Meldestelle bekanntmachen und klare, leicht zugängliche Informationen für die Nutzung der internen Meldestelle und Meldekanäle bereitstellen. Dies kann insbesondere auf der Website des Unternehmens, über Aushänge oder über das Intranet erfolgen.

  • Welche Rechte hat der Betriebsrat?

Dem Betriebsrat stehen bei der Einführung der Meldestelle Mitbestimmungsrechte zu, insbesondere wenn hierdurch arbeitsvertragliche Hinweispflichten erweitert oder Regelungen bzgl. des konkreten Meldeverfahrens eingeführt.

  • Welche Meldestelle ist zuständig?

Die hinweisgebende Person ist angehalten, einen Verstoß grundsätzlich primär bei der internen Meldestelle anzuzeigen, bevor sie sich an die als zuständige Behörde wendet (externe Meldung). Von grundlegender Bedeutung sind die Vorgaben zur Vertraulichkeit, die für beide Meldewege gleichermaßen gelten. Die zentrale externe Anlaufstelle beim Bundesamt für Justiz soll im Sinne eines one-stop-shop die hinweisgebende Person davon befreien, sich mit Zuständigkeitsfragen auseinandersetzen zu müssen und davor zu bewahren, schon im Vorfeld einer Meldung den Mut zu verlieren, einen Sachverhalt oder Verstoß zu melden.

  • Was beinhaltet das Vertraulichkeitsgebot?

Das Vertraulichkeitsgebot betrifft die Identität der hinweisgebenden Person, ferner die Personen, die Gegenstand einer Meldung sind, und schließlich die sonstigen in der Meldung genannten Personen.

Die Vertraulichkeit der Identität steht stets an vorderster Stelle. Unbefugte Personen dürfen – auch wenn sie im selben Unternehmen bzw. derselben Behörde arbeiten – keinen Zugriff auf Dokumente wie z.B. E-Mailverläufe haben, die Rückschlüsse auf die Identität zulassen könnten.

Die Identität dieser Personen darf ausschließlich denjenigen Personen, die für die Entgegennahme von Meldungen oder für das Ergreifen von Folgemaßnahmen zuständig sind, sowie den bei der Erfüllung dieser Aufgaben unterstützenden Personen bekannt werden. Das Gebot der Vertraulichkeit der Identität gilt unabhängig davon, ob die Meldestelle für die eingehende Meldung überhaupt zuständig ist.

Informationen über die Identität der hinweisgebenden Person oder über sonstige Umstände, die Rückschlüsse auf die Identität dieser Person erlauben, dürfen ausnahmsweise weitergegeben werden, wenn die Weitergabe für Folgemaßnahmen erforderlich ist und die hinweisgebende Person zuvor in die Weitergabe eingewilligt hat. Die Einwilligung muss für jede einzelne Weitergabe in Textform eingeholt werden.

Über die Identität von Personen, die Gegenstand einer Meldung sind, und von sonstigen in der Meldung genannten Personen darf eine Weitergabe an die jeweils zuständige Stelle bei Vorliegen einer Einwilligung erfolgen, bei internen Meldestellen außerdem, sofern dies im Rahmen interner Untersuchungen oder für das Ergreifen von Folgemaßnahmen bei dem jeweiligen Beschäftigungsgeber oder in der jeweiligen Organisationseinheit erforderlich ist.

Ausnahmen gelten jedoch bei vorsätzlich oder grob fahrlässig unrichtigen Informationen über Verstöße. In diesem Falle wird die Identität der hinweisgebenden Person nicht geschützt.

In Teil 2 unserer Reihe geht es um die Leistungen der internen und/oder externen Meldestellen sowie die Bearbeitung von Meldungen durch die Meldestellen.

Falls Sie weitere Informationen zum Thema Hinweisgeberschutzgesetz benötigen oder ein Beratungsgespräch wünschen, erreichen Sie uns unter 0711/46905830 oder info@esb-data.de. Sie können sich auch unter Demo – esb data Hinweisgeberportal (esb-data.de) einen Termin zur Vorstellung unserer Software sichern.

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