Spezialfragen zum Whistleblowing (Hinweisgeberschutzgesetz)
Aus dem Feedback zu unseren bisherigen Beiträgen und Publikationen haben wir einige besonders „prominente“ Themen herausgefiltert; diese werden wir in unserer Reihe FAQ-Whistle nach und nach vorstellen:
- Welche Verstöße darf ich aber überhaupt melden?
Die Antwort auf die berechtigte Frage, was denn nun überhaupt zunächst einmal ein „Verstoß“ im Sinne des neuen Gesetzes sein kann, hat leider viele – Facetten, worunter zwangsläufig die Übersichtlichkeit und der sachliche Überblick leiden. Wir versuchen uns trotzdem an einer transparenten Erläuterung, indem wir uns auf die gängigsten Anwendungsbereiche beschränken:
Es geht um „erhebliche“ Verletzungen von/ Zuwiderhandlungen gegen „Vorschriften“.
- Erheblichkeit liegt immer vor, wenn es sich um Straftatbestände handelt, die gemeldet werden.
- Ebenso, wenn eine Ordnungswidrigkeit vorliegt, die bußgeldbewehrt ist, und die verletzte Vorschrift dem Schutz hochrangiger Rechtsgüter, nämlich Leben, Leib, Gesundheit oder dem Schutz der Rechte von Beschäftigten oder ihrer Vertretungsorgane dient.
- Es genügt, dass die Regelung nicht unbedingt direkt bezweckt, sondern lediglich dazu beiträgt, den Schutz der Rechtsgüter und Rechte zu gewährleisten. So werden etwa im Bereich des Arbeitsschutzes sowohl die dem Gesundheitsschutz und der Sicherheit der Beschäftigten dienenden Vorschriften als auch arbeitsschutzrechtliche Mitteilungs-, Erlaubnis-, Prüfungs-, Bestellungs-, Belehrungs-, Dokumentations- und Anzeigepflichten erfasst. Denn Letztere dienen ebenfalls der Sicherheit und Gesundheit der Beschäftigten. Als Beispiele sind hier Verletzungen des Mindestlohngesetz zu nennen oder Verstöße gegen die Vorgaben des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes.
- Gemeint sind ferner Bußgeldvorschriften, mit denen Verstöße gegen Rechte der Organe sanktioniert werden, die die Interessen von Beschäftigten vertreten. Hierzu zählen insbesondere solche Bußgeldvorschriften, die Verstöße gegen Aufklärungs- und Auskunftspflichten gegenüber Organen der Betriebsverfassung wie Betriebsräten oder Wirtschaftsausschüssen sanktionieren.
- Ferner geht es um Vorschriften zur Bekämpfung von Terrorismusfinanzierung, insbesondere das Geldwäschegesetz, das Kreditwesengesetz oder die Angaben bei Geldtransfers.
- Angesprochen ist des Weiteren die Produktsicherheit und Produktkonformität nach EU-Rechtsvorschriften, insbesondere hinsichtlich der Marktüberwachung und der Konformität von Produkten und deren allgemeine Produktsicherheit.
Wenn einem intern gemeldeten Verstoß nicht von der à internen Meldestelle abgeholfen wird, bleibt es der hinweisgebenden Person unbenommen, sich an eine à externe Meldestelle zu wenden. Dies ist Ausfluss des Meldestellen-Wahlrechts im Rahmen der à Meldestellen-Zuständigkeit.
- Was passiert, wenn „meine Meldestelle“ nicht reagiert oder dem gemeldeten Verstoß nicht nachgehen will?
Eine Offenlegung von Informationen setzt voraus, dass zunächst eine ordnungsgemäße Meldung bei einer internen Meldestelle erstattet wurde, hierauf innerhalb der vorgenannten Frist für die Rückmeldung keine geeigneten Folgemaßnahmen ergriffen wurden oder sie keine Rückmeldung über das Ergreifen solcher Folgemaßnahmen erhalten haben oder hinreichenden Grund zu der Annahme hatten, dass der Verstoß wegen eines Notfalls, der Gefahr irreversibler Schäden oder vergleichbarer Umstände eine unmittelbare oder offenkundige Gefährdung des öffentlichen Interesses darstellen kann, im Falle einer externen Meldung Repressalien zu befürchten sind oder Beweismittel unterdrückt oder vernichtet werden könnten. Absprachen zwischen den zuständigen externen Meldestellen und dem Urheber des Verstoßes bestehen könnten oder aufgrund sonstiger besonderer Umstände die Aussichten gering sind, dass die externe Meldestelle wirksame Folgemaßnahmen einleiten wird.
Das Offenlegen unrichtiger Informationen über Verstöße ist verboten. Dies betrifft den Unterabschnitt 2 Unterabschnitt 4, also das Verfahren vor den externen Meldestellen.
- Was bedeutet das „Offenlegungsverbot“?
Anlass für das Hinweisgeberschutzgesetz waren insbesondere die Vorgaben des EGMR (Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte). Der EGMR bestätigte die Verpflichtung der Beschäftigten zu Loyalität, Zurückhaltung und Vertraulichkeit gegenüber dem Arbeitgeber und bezeichnete den Gang an die Öffentlichkeit als „letztes Mittel“. Andererseits musste die Freiheit der Meinungsäußerung der Beschäftigten geschützt werden. Dies bedeutet, dass Hinweisgeber sich keinem Risiko aussetzen dürfen, wenn sie einen Rechtsverstoß melden.
Vor diesem Hintergrund bestehen hohe Eintrittsschwellen zum Schutz vor Falschmeldungen. Das Offenlegungsverbot dient dem Schutz der von einer Offenlegung betroffenen Unternehmen, Behörden und Personen vor Reputationsschäden.
Dass sich hinweisgebende Personen mit ihren Informationen an die Öffentlichkeit wenden dürfen, ist daher nur unter engen Voraussetzungen vorgesehen. Dies gilt etwa bei der Gefahr irreversibler Schäden oder in Fällen, in denen die Meldestelle nicht die notwendigen Maßnahmen ergriffen hat. Hinweisgebende Personen können sich insbesondere dann an die Öffentlichkeit wenden, wenn sie nach der Meldung eines Verstoßes innerhalb des vorgegebenen Zeitraums keine Rückmeldung oder nur eine solche über nicht angemessene Folgemaßnahmen erhalten haben. Die Angemessenheit der Folgemaßnahmen richtet sich nach objektiven Kriterien und ist abhängig von den fallspezifischen Umständen und von der Art der Vorschriften, gegen die verstoßen wurde. Auch eine Entscheidung, dass ein Verstoß eindeutig geringfügig war und keine weiteren Folgemaßnahmen erfordert, kann eine angemessene Rückmeldung darstellen.
Eine geschützte Offenlegung setzt voraus, dass die hinweisgebende Person hinreichenden Grund zu der Annahme hatte, dass die Voraussetzungen für eine Offenlegung vorliegen. Böswillige oder missbräuchliche Offenlegungen fallen nicht in den Schutzbereich des Gesetzes. Die hinweisgebende Person wird jedoch geschützt, wenn sie in gutem Glauben z.B. ungenaue Informationen über Verstöße offengelegt hat.
An die Sorgfalt der hinweisgebenden Person in Bezug auf die Überprüfung des Wahrheitsgehalts einer Meldung sind keine überhöhten Anforderungen zu stellen. Hinweisgebende Personen sollen nicht aus Angst vor Repressalien zurückschrecken. Abzustellen ist darauf, ob ein objektiver Dritter von der Wahrheit der Information ausgegangen wäre. Die subjektiven Beweggründe der hinweisgebenden Person für die Meldung spielen keine Rolle
Das Gesetz trifft bestimmte Festlegungen, unter welchen Voraussetzungen eine hinweisgebende Person Informationen über Verstöße öffentlich zugänglich machen darf, ohne sich ihrerseits bußgeld-, unterlassungs- und ggf. schadensersatzpflichtig zu machen. Nur dann wird sie umfangreich vor Repressalien wie Kündigung und sonstigen Benachteiligungen geschützt.
- Wer aber trägt die Beweislast für eine Benachteiligung?
- Welche Sanktions- und Haftungsfolgen drohen dem Beschäftigungsgeber?
- Welche konkreten Risiken drohen umgekehrt dem unlauteren Hinweisgeber?
Bitte schauen Sie in Kürze wieder bei uns herein – der FAQ Whistle #4 ist schon Arbeit…